Für einen starken ÖV braucht es mehr

Dass der Regierungsrat den ÖV nach den verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht im Regen stehen lässt, ist erfreulich. Doch insgesamt bleibt die ZVV-Strategie zu zaghaft. Um künftig mehr Menschen zum Umstieg vom Auto auf den ÖV zu bewegen, braucht es mehr. Auch bei Tempo 30 bleibt die Strategie vage, anstatt offensiv Massnahmen einzuplanen, um die Attraktivität des ÖV zu erhalten und weiter zu steigern.

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen haben den öffentlichen Verkehr vor grosse Herausforderungen gestellt – gerade auch finanziell. Dass der ZVV-Rahmenkredit gegenüber der Langfristprognose nun um 177 Millionen Franken höher ausfällt, überrascht daher nicht. Die Reserven sind aufgebraucht und die Entwicklung der Pandemie noch immer nicht abschliessend bekannt. Die SP wäre vor diesem Hintergrund auch bereit gewesen, einen höheren Rahmenkredit zu genehmigen.

Dass der ZVV auf höhere Ticketpreise verzichten will, ist ebenfalls richtig. Für die Erreichung der Klimaziele ist es absolut zentral, dass der von der Pandemie verursachte Fahrgastrückgang nun möglichst rasch wieder aufgeholt werden kann und der ÖV zu seiner vorpandemischen Attraktivität zurückfindet. Höhere Preise würden das Gegenteil erreichen. Vielmehr wäre es nun sinnvoll, auch preislich attraktivere Angebote zu prüfen, wie sie z.B. die Stadtzürcher SP mit dem Zone-110-Abo für 1 Franken pro Tag fordert.

Ausbaupläne bleiben zu zaghaft

Dass die Digitalisierung beim Ticketverkauf zielgerichtet eingesetzt werden soll, ist erfreulich. Ebenso, dass dabei auch jene Menschen nicht vergessen gehen sollen, die sich mit den Möglichkeiten der Digitalisierung schwertun oder deren Zugang zu entsprechenden Geräten eingeschränkt ist. Ebenfalls erfreulich ist, dass das Nachtnetz nicht nur ausgebaut, sondern der Zuschlag endlich abgeschafft wird – eine Forderung, welche die SP seit Jahren verfolgt. Mittelfristig muss der Angebotsausbau im Nachtnetz jedoch unbedingt auch ausserhalb der Zentren Winterthur und Zürich erfolgen.

Insgesamt ist der ZVV in seiner Ausbauplanung jedoch zu zaghaft unterwegs. So ist z.B. unverständlich, dass bei der S-Bahn bis zur Vollendung des STEP 2035 gar nichts geschehen soll. Auch beim Ausbau des Tramnetzes ist keine klare neue Vision ersichtlich, welche Ende der 2020er oder Angang der 2030er realisiert werden könnte. Solche langfristigen Planungen müssten jedoch jetzt an die Hand genommen werden. Und bei den Buslinien, die vergleichsweise einfach zu planen und einzuführen sind und deshalb hervorragend als Teststrecken für Tramlinien oder Stadtbahnen geeignet wären, ist gar kein Ausbau zu erkennen.

ZVV muss sich endlich zu Tempo 30 bekennen

Nachdem in den vergangenen Tagen die beiden Zentrumsstädte Winterthur und Zürich ein klares und starkes Bekenntnis zu weitgehend flächendeckendem Tempo 30 abgegeben haben, ist es eine verpasste Chance, dass der ZVV hier nach wie vor zu zurückhaltend unterwegs ist. Auch wenn er immerhin die dogmatisch ablehnende Haltung der Gegnerschaft mittlerweile abgelegt zu haben scheint: Hier braucht es dringend ein klares Bekenntnis Seitens ZVV.

Denn Tempo 30 wird mittelfristig auch auf ÖV-Strecken Realität werden. Für die Anwohnerinnen und Anwohner bringt das neben der verringerten Lärmbelastung auch mehr Sicherheit und Aufenthaltsqualität. Je früher der ZVV sich darauf einstellt und Massnahmen und Ressourcen in seine Planung aufnimmt, um die Attraktivität des ÖV auch auf Tempo 30-Strecken zu gewährleisten, desto besser. Die ZVV-Strategie Stand heute ist hier noch ungenügend.

Neue Mobilitätsangebote mitverfolgen und ins Angebot integrieren

Neue Mobilitätsangebote müssen immer wieder als Teil des öffentlichen Verkehrs mitgedacht werden. Und der ZVV ist angehalten, immer wieder zu versuchen, diese Ideen in das ÖV-Angebot zu integrieren. Wenn hier völlig ohne Leitplanken den Privaten das Feld überlassen wird, haben wir bald das totale Chaos auf unsere Strassen, Plätzen und Trottoirs.

Der ÖV ist ein elementarer Bestandteil des Service Public und spielt eine zentrale Rolle beim ökologischen Umbau des Kantons. Deshalb steht hier für die SP auch weiterhin nicht primär der Kostendeckungsgrad im Vordergrund, sondern ein attraktives Angebot für alle Zürcherinnen und Zürcher.

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