Die Sonntagsreden der rechten Sparapostel

Der Deal zwischen FDP und SVP bei Pendlerabzug und Lex Hirslanden zeigt einmal mehr: wenn es um die eigene Klientel geht, entpuppen sich die rechten Sparapostel als Sonntagsredner.

Der heute im Kantonsrat behandelte Antrag auf eine Begrenzung des Arbeitswegkostenabzugs ist auf der sachlichen Ebene ein relativ einfach zu verstehendes Geschäft, gibt es doch bloss zwei simple Fragen zu beantworten. Soll erstens der Pendlerabzug bei den Staats- und Gemeindesteuern wie bei der Direkten Bundessteuer gedeckelt werden? Und wenn ja, zweitens, auf welcher Höhe? Die Position der notabene mehrheitlich bürgerlichen Regierung: Ja, es soll gedeckelt werden und zwar auf der gleichen Höhe wie bei der Direkten Bundessteuer, bei 3000 Franken.

Für den Antrag der Regierung sprechen zum einen verkehrs- und raumplanerische Gründe. Ziel der Zürcher Politik ist es bekanntlich, zum Schutz der intakten Landschaft die bauliche Entwicklung auf die urbanen Gebiete und entlang der Hauptverbindungen des öffentlichen Verkehrs zu beschränken. Der Grundsatz «Je weiter pendeln, desto höher der Abzug» verträgt sich mit einer solchen Politik natürlich äusserst schlecht. Die Einsicht, dass Wohn- und Arbeitsort wieder näher beieinanderliegen müssen, setzt sich glücklicherweise langsam aber sicher durch. Die Verwirklichung dieser Einsicht ist aber natürlich ein längerfristiger Prozess und bedarf vieler Massnahmen. Immerhin: Mit der Begrenzung des Pendlerabzugs wird ein falscher Anreiz diesbezüglich beseitigt.

Begrenzung des Pendlerabzugs ist sachlich sinnvoll

Der Vorschlag des Regierungsrates macht aber auch finanz- und steuerrechtlich Sinn. Die entstehenden Mehreinnahmen sollen ja nicht einfach in der Staatsrechnung versickern, sondern werden zur Finanzierung des kantonalen Beitrages an den FABI-Fonds eingesetzt. Das zugrundeliegende Gesetz wurde im Kanton Zürich 2014 mit 63 Prozent Ja-Stimmen angenommen, wir stehen hier also nicht nur gegenüber der Eidgenossenschaft in der Pflicht, sondern auch gegenüber unseren Zürcher Stimmberechtigten. Und auch die Begrenzung bei 3000 Franken macht Sinn, liegt sie damit kantonal auf der gleichen Höhe wie bei der Bundessteuer. Das ist für die Steuerpflichtigen einfach und transparent und erleichtert auch den Steuerämtern das Veranlagungsverfahren.

Nun wissen wir alle: In der Politik zählen nicht immer nur sachliche Argumente. Mehrheiten müssen organisiert, Deals geschlossen und Kompromisse eingegangen werden. Das alleine ist per se noch nicht ehrenrührig, sondern gehört zum politischen Handwerk. Etwas anrüchig wird es aber dann, wenn Parteien aus klientelistischen Überlegungen genau das, was sie wochen-, monate- ja jahrelang wie eine Monstranz vor sich hergetragen haben, mit einem Deal ins Gegenteil verkehren.

Lü16 über alles – oder etwa doch nicht?

Seit Wochen und Monaten hören wir ja vor allem eines: Wie schlecht es um die Finanzen des Kantons Zürich stehe, wie heilig der mittelfristige Haushaltausgleich, wie wichtig, wie zentral, wie unabdingbar die Leistungsüberprüfung 16 sei – Lü16 über allem. Doch heute müssen wir feststellen: Die grösste Lü16-Abrissbirne haben nicht etwa wir auf der linken Ratsseite, die grösste Lü16-Abrissbirne haben SVP und FDP, mit der CVP als willfährigem Juniorpartner im Seitenwagen.

Es ist ja doch ein spezieller Kompromiss, den SVP und FDP da geschlossen haben. Die SVP findet Lü16 ganz, ganz wichtig, ihr gefällt aber die Massnahme Pendlerabzug nicht. Darum will sie mit einer höheren Begrenzung pro Jahr 30 oder 40 Millionen, eigentlich ja am liebsten alles, aus Lü16 herausbrechen. Die FDP findet Lü16 auch ganz, ganz wichtig, ihr gefällt aber die Massnahme Gewinnabschöpfung Privatspitäler nicht. Darum will sie hier pro Jahr weitere 43 Millionen aus Lü16 herausbrechen. SVP und FDP brechen mit ihrem Deal über alle Lü-Jahre bis 2019 gesehen also gut 160 Millionen Franken aus ihrem eigenen Sparpaket Lü16 heraus.

Liefere statt lafere!

Aber was soll’s: Ab nächstem Montag werden wir hier in diesem Ratssaal dann sicherlich wieder hören: Lü16 ist ganz, ganz wichtig. Wer’s glaubt, wird seelig.

Mir kommt angesichts dieser Diskrepanz von Worten und Taten ein altes englisches Sprichwort in den Sinn: «Talk the talk, then walk the walk». Frei übersetzt: «Liefere statt lafere!» Nun, wir lernen: Talken können die Rechten sehr gut, beim walken hinken Sie jedoch gewaltig.

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