Das war die Sondersession des Nationalrats

Der Rückblick unserer Bundeshausdelegation auf die Sondersession des Nationalrats.

Angelo Barrile ist zurück! Das ist die wichtigste Nachricht, die wir euch aus der eben zu Ende gegangenen Sondersession berichten möchten. Wir sind alle überglücklich, dass Angelo nach Monaten intensiver Chemotherapie die Kraft gefunden hat, an den drei Sitzungstagen des Nationalrats im Bundeshaus teilzunehmen und wir wünschen ihm für den weiteren Genesungsweg alles Gute.

Und hier informieren wir Euch noch zu einigen wichtigen Geschäften aus der dreitägigen Sondersession, zu welcher der Nationalrat, nicht aber der Ständerat, zusammengekommen ist.

Gegen Diskriminierung!

Der Nationalrat folgt dem Bundesrat und will im DNA-Profil-Gesetz mit der Phänotypisierung ein neues Fahndungs- und Ermittlungsinstrument einführen. Bei der sogenannten Phänotypisierung können aus DNA-Spuren am Tatort gewisse äusserliche Merkmale herausgelesen werden, was wiederum für die Ermittlungen hilfreich sein könnte. Unter äusserlichen Merkmalen definiert das Gesetz Augen-, Haut- und Haarfarbe, Alter und die biogeographische Herkunft.

Die Krux an der Sache ist aber, dass es sich dabei lediglich um Wahrscheinlichkeiten und nicht um Gewissheiten handelt. Braune Haare können beispielsweise nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 74 Prozent identifiziert werden. Die Phänotypisierung ist also kein Wundermittel, wie Min Li in ihrem Votum ausführte.

Wir wenden uns nicht prinzipiell gegen dieses Instrument. Wir wollen aber, dass es klare Grenzen gibt. Wichtig ist insbesondere, dass dadurch nicht Diskriminierungen und Racial Profiling befördert werden. Leider hat der Nationalrat unsere Vorschläge abgelehnt. Wir hoffen jetzt, dass der Ständerat hier noch korrigierend eingreift.

Paradigmenwechsel bei der Organspende

Der Nationalrat hat heute einen grossen und wichtigen Schritt gemacht mit dem Paradigmenwechsel bei der Organspende: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies künftig explizit festhalten müssen. Heute gilt in der Schweiz noch die Zustimmungslösung: Eine Organspende kommt nur dann infrage, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Spende nach dem Tod explizit zugestimmt hat. Liegt keine Willensäusserung der verstorbenen Person vor, müssen deren Angehörigen darüber entscheiden.

In der Schweiz warten 1400 Menschen auf ein Organ und pro Jahr versterben bis zu 70 Menschen, weil nicht rechtzeitig das passende Spenderorgan gefunden wird. Doch in Umfragen ergibt sich eigentlich eine hohe Spendebereitschaft von über 75 Prozent. Hingegen lehnen 60 Prozent der Angehörigen eine Organentnahme ab, wenn der Wille der verstorbenen Person nicht dokumentiert ist. Trotzdem ist es politisch bisher nie gelungen, die Spenderate deutlich zu erhöhen.

Die Volksinitiative „Organspende fördern – Leben retten“ führt nun aller Voraussicht nach zu einem Durchbruch: Eine sehr deutliche Mehrheit stimmte heute dem Gegenvorschlag zu, der einen Systemwechsel hin zur erweiterten Widerspruchslösung, verbunden mit Begleitmassnahmen wie Aus-und Weiterbildung des Personals sowie intensive Infokampagne für die Bevölkerung, bringt. Überraschend hat der Nationalrat heute mit 88:87 Stimmen zudem auch der Initiative zugestimmt. Diese sieht eine enge Widerspruchslösung, welche die Rolle der nächsten Angehörigen nicht explizit berücksichtigt, vor (Angelo Barriles Votum dazu).

Unmenschliche Migrationspolitik

Weniger erfreulich war gestern die Abstimmung zu einer migrationspolitischen Vorlage, die auf einen SVP-Vorstoss zurückgeht und am Schluss sogar von der GLP mitgetragen wurde: Das Staatssekretariat für Migration soll neu die Möglichkeit erhalten, Handys und Computer von Asylsuchenden zur Identitätsfeststellung auszuwerten, wenn die Herkunft nicht auf andere Weise festgestellt werden kann.

Das ist höchst problematisch, weil es einem datenschutzpolitischen Dammbruch gleichkommt, unverhältnismässig ist, die Asylverfahren verlängert und verkompliziert und zu alledem der Nutzen betreffend der Identitätsfeststellung äusserst fraglich ist. Die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat will einen inakzeptablen Eingriff in die Privatsphäre von Asylsuchenden ermöglichen und deren Handydaten ohne richterlichen Beschluss auswerten können (Votum von Céline Widmer). Nun ist der Ständerat am Zug.

Diskussion um das Rahmenabkommen

Die Verhandlungen um das Institutionelle Abkommen mit der EU sind festgefahren. Das FDP-geführte EDA hat die Schweiz in eine Sackgasse manövriert. In der Fraktion diskutierten wir mögliche Auswege aus der verfahrenen Situation. Für uns bleibt klar: Die Schweiz ist auf stabile und gute Beziehungen zu Europa angewiesen und braucht ein Rahmenabkommen mit wirksamem Lohnschutz. Fabian Molina hat deshalb heute einen Vorstoss eingereicht, in dem er verlangt, dass die Schweiz sich beim umstrittensten Punkt, der Unionsbürgerrichtlinie, bewegt, diese übernimmt und damit das soziale Europa stärkt. Dies könnte zu einer Lösung in den Verhandlungen führen.

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